Sein-Perfekt
In manchen Grammatiken wird das Sein-Perfekt, das manche intransitive Verben - Verben ohne Akkussativobjekt - bilden, als prädikative Konstruktion mit einem Adjektiv begriffen.
Richtig dabei ist, dass Partizipformen manchmal tatsächlich als Adjektive, zumindest als Verbaladjektiv, verwendet werden, vgl. das Verb-Adjektiv-Übergangsfeld.
Dennoch wird hier an der Auffassung festgehalten, dass Formulierungen wie er ist nach Hause gekommen, die Tulpen sind verdorrt, das Schiff ist gesunken als Perfekt von Verben aufzufassen ist, die ihre zusammengesetzten Formen - Perfekt - Plusquamperfekt und Futur II - mit "sein" bilden. Bei den Partizipien gekommen, verdorrt und gesunken handelt es sich dann um infinite Verbformen und nicht um Adjektive.
Als Gegenbeispiele,
die eindeutig als Prädikative zu verstehen sind, dienen im Folgenden: Der Mann ist begabt. Udo ist reich. Der Film ist spannend.
- 1) Verben mit "sein"-Perfekt unterscheiden sich von prädikativen Konstruktionen ["sein" + Adjektiv] primär durch die Möglichkeit, dass sie auf ein einfaches Präsens zurückgeführt werden können: Die Flasche birst, das Schiff sinkt, die Würfel fallen, die Rose verblüht … ↔ *der Mann begabt. *Udo reicht, *der Film spannt.
- 2) Verben mit "sein"-Perfekt unterscheiden sich von prädikativen Konstruktionen ["sein" + Adjektiv] durch die Möglichkeit, dass „gestern“ eingefügt werden kann. Normalerweise ist die Kombination von "ist" und "gestern" ein Widerspruch, wenn man aber ein Partizip II als Verbform hinzufügt, wird daraus eine sinnvolle Aussage: ... ist gestern gekommen, ist gestern verdorrt, ist gestern gesunken ↔ *... ist gestern offen / schnell / reich / spannend / begabt.
- 3) Verben mit "sein"-Perfekt unterscheiden sich von prädikativen Konstruktionen ["sein" + Adjektiv] auch durch die Möglichkeit, dass „schnell“ eingefügt werden kann – das geht bei den meisten prädikativen Konstruktionen ["sein" + Adjektiv] nicht.
- 4) „Steigerung“
- Verben der abgeschlossenen Bewegung mit "sein"-Perfekt - kommen, sinken, fallen - lassen sich in keiner Weise steigern.
- Bei Verben der Zustandsänderung mit "sein"-Perfekt - bersten, verblühen, verdorren - liegt die Steigerung durch „mehr“ / „stärker“ / „besser“ näher als die Steigerung durch "–er"
Diese Rose ist mehr / stärker verblüht als die andere. ↔ *der Mann ist mehr / stärker begabt , *Udo ist mehr / stärker reich.
- Bei Verben der Zustandsänderung mit "sein"-Perfekt - bersten, verblühen, verdorren- ist der Superlativ mit "am meisten" eher möglich als durch "am x-sten"
- Diese Rose ist am meisten / stärksten verblüht. ↔ *der Mann ist am meisten / stärksten begabt , *Udo ist am meisten / stärksten reich.
- 5) Negation mit "un-“
- Verben der abgeschlossenen Bewegung mit "sein"-Perfekt - kommen, sinken, fallen - lassen sich nicht mit "un-" verneinen: *ungekommen, *ungesunken,*ungefallen
- Verben mit "sein"-Perfekt der Zustandsänderung - bersten, verblühen, verdorren - können mit "un-" verneint werden: ungeborsten, unverblüht, unverdorrt. Es sind dann Adjektive!
Grundsätzlich gilt jedoch: Bei der Verwendung als Attribut oder Adverbiale werden die Partizipformen zu Verbaladjektiven:
- Attribut: die verblühten Rosen, die gesunkenen Schiffe, die geborstene Flasche, der zu spät gekommene Schüler.
- An der Stelle des Adverbials, wohl eher ein prädikatives Attribut: Rose lag verdorrt im Müll, Schiff liegt gesunken auf dem Grund, vgl. Er kam krank in München an.
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