Grundwissen Grammatik

Kleine deutsche Schulgrammatik zum Nachschlagen und Lernen

Hintergrundinformation

Diese Grammatik möchte vor allem Schülerinnen und Schülern und manchmal ratlosen Eltern helfen, schnell Informationen zu grammatischen Kategorien zu finden. Deshalb werden auch vorzugsweise die Begrifflichkeiten der deutschen Schulgrammatik benützt, wie sie in vielen Lehrplänen weiterführender Schulen genannt werden.
Hiermit soll nicht in Abrede gestellt werden, dass die wissenschaftliche Diskussion grammatischer Phänomene in vielen Bereichen andere Einteilungen und Definitionen vorgenommen hat. Sowohl über die Satzglied- als auch über die Wortartdefinitionen kann lange gestritten werden, je nach Erkenntnisinteresse und Funktionsdefinition. Diese kleine "online"- Grammatik  will und kann in keine Konkurrenz zu wissenschaftlichen Grammatiken treten: Was nicht in dieser Grammatik zu finden ist

Ratsuchenden sei empfohlen, bei  Fragen auf möglichst aktuelle Grammatiken zurückzugreifen, zeigt doch die Entwicklung, dass es in den letzten dreißig Jahren große Änderungen in den Auffassungen gegeben hat. Ich weise nur auf die Diskussion um die Definition von „Partikeln“ oder auf die Diskussion über das Zustandspassiv hin.

Zum Begriff „Schulgrammatik“

Darunter wird hier das verstanden, was in Sprachbüchern und im Deutschunterricht der Schule erwartet wird.  Natürlich muss man unterscheiden,  welche Begriffe in den verschiedenen Jahrgangsstufen jeweils verwendet werden. Beim Übergang von der Grundschule in eine Realschule oder ein Gymnasium wird man beispielsweise keine differenzierte Kenntnis über das Attribut erwarten können.

Abgelehnt werden hier grammatische Ansätze, die sich am Fremdsprachenunterricht orientieren und dementsprechende Begrifflichkeiten einführen: Das direkte oder indirekte Objekt gehört in den Französischunterricht, das klassische Prädikatsnomen gehört in den Lateinunterricht - im Lateinischen wird das Adjektiv als Prädikatsnomen gebeugt und bleibt nicht wie im Deutschen unflektiert.

Eine Orientierung beim Verfassen dieses Überblicks bildete unter anderem das Verzeichnis grundlegender grammatischer Fachausdrücke (ids-mannheim.de), das durch die KMK am 7. November 2019 zustimmend zur Kenntnis genommen wurde. Nur gelegentlich wird aus praktischen Gründen von den dort vorgeschlagenen Definitionen und Begrifflichkeiten abgewichen.

Insgesamt wird mit dem Anspruch vorgegangen, dass ein einfacher normalsprachlicher Text vollständig mit den angebotenen Begriffen beschrieben werden kann.

Im Prinzip sind – im Wortartenbereich  - die einzelnen Wortarten nach folgender Reihenfolge beschrieben:

  1. Syntaktisch – also die Rolle, die die Wortart im Satz spielen kann (Satzgliedfunktion und / oder Attributfähigkeit)
  2. Morphologisch: Veränderbarkeit der Wortart (flektiert oder unflektiert)
  3. Besonderheiten bzw.  semantische  Unterscheidungen zwischen den Vertretern der Wortart, z. B. temporale oder lokale Bedeutungen bei Präpositionen und Adverbien

Satzglieder werden nach folgendem Schema beschrieben:

  1. Satzgliedfrage(n)
  2. Form, in welcher das Satzglied auftreten kann: Zum Beispiel als einfaches Substantiv (mit Artikel), Adverb, adverbialer Ausdruck, präpositionaler Ausdruck oder Gliedsatz … usw.
  3. Besonderheiten bzw. Differenzierungen bzw. weitere Merkmale

Diskussionsüberblick - Wortarteneinteilung:

Grundsätzlich ist zu sagen, dass einzelne Wörter oft nicht eindeutig einer Wortart zugeordnet werden können, da es von der konkreten Verwendung im Satz abhängt, zu welcher Gruppe sie gehören. Der Ausdruck „Homophonie“, also „Gleichklang“, wird häufig verwendet, um auszudrücken, dass ein Lexem – ein Wort, wie es im Lexikon steht - zu verschiedenen Wortarten gehören kann, besser wäre wohl zu sagen, dass es sich um verschiedene gleichlautende Wörter handelt. Wie beispielsweise das Wort „Bank“ sowohl etwas zum Sitzen als auch zum „Geldaufbewahren“ ist, so steht das Lexem „sein“ sowohl  für ein Possessivpronomen als auch für die Grundform des Verbs „sein“. Ebenfalls von Homophonie ist beim Wort „bis“ zu sprechen, das einmal Konjunktion und einmal Präposition, aber auch Adverb sein kann, siehe „Zweifelsfälle“.

Während die Beschreibung der Wortarten Verb, Konjunktion, Artikel und Präposition  relativ einfach und unstrittig ist, beginnt bereits beim Begriff „Substantiv“ die Schwierigkeit:
Die o. a. KMK-Empfehlung zieht den Begriff „Nomen“ vor, obwohl die aktuelle linguistische Fachliteratur fast nur den Substantivbegriff verwendet. Im vorliegenden Überblick wird deshalb bevorzugt der Begriff „Substantiv“ verwendet.

Ebenfalls eine Frage der Bezeichnung ist die Vielzahl der Benennungen beim Phänomen „Verbzusatz“:  trennbares Präfix, Verbpartikel, Partikel, Präverb.
Ich habe mich für den in meinen Augen treffendsten, weil sprechendsten und eindeutigen Begriff „Verbzusatz“ entschieden. – Notwendig ist dieser Begriff beim Anspruch, normalsprachliche Texte vollständig analysieren zu können.

Beim Adjektiv wird die Angelegenheit schwieriger, gibt es doch Grammatikansätze, die sämtliche unflektierte Adjektivformen dem Bereich des modal verwendeten Adverbs zuordnen, wenn diese Adjektive nicht prädikativ verwendet werden. Gleichzeitig gibt es Überlegungen das Adverb in Gänze den (unflektierten) Adjektiven zuzuordnen. Andererseits gibt es auch Tendenzen, besonders Verben in der Form eines deklinierten Partizips II dem Adjektivbereich zuzuordnen. Im vorliegenden Überblick werden Wörter, wie zum Beispiel „bunt“, „schnell“ und „kurz“, als Adjektive bezeichnet, unabhängig davon, ob sie attributiv, prädikativ oder adverbial verwendet werden.
Damit Schülerinnen und Schüler gerade bei deklinierten Partizip-II-Formen nicht zu sehr verwirrt werden, wird hier der sprechende Begriff „Verbaladjektiv“ verwendet, der die Zwischenposition dieser Formen – auch schön beschrieben durch die Bezeichnung „Mittelwort“ – zwischen Verb und Adjektiv ausdrückt.

Bei den Pronomen hat sich eingebürgert, sie in „Substantivwörter“ und „Artikelwörter“ zu unterteilen, je nachdem, ob sie als Satzglieder oder attributiv verwendet werden – wobei der Attributsstatus der Artikelwörter bereits wieder fraglich ist, siehe unten. Hier folgt die vorliegende Schulgrammatik der traditionellen Einteilung entsprechend dem o. a. „Verzeichnis grundlegender Fachausdrücke“.

Die Wortart „Adverb“  ist  gegenüber  früheren Einteilungen großen Veränderungen ausgesetzt. Relativ unstrittig ist die Klasse der temporalen,  lokalen  und Frage- bzw. Relativadverbien sowie der Pronominaladverbien.
Die Gruppe der modalen Adverbien konkurriert teilweise mit der Wortart „Partikel“ oder mit der Gruppe der „Kommentaradverbien“.
Die meisten früher als kausale Adverbien bezeichneten Wörter werden in der aktuellen Dudengrammatik einer neuen Gruppe, nämlich den „Konnektoradverbien“, zugeordnet.  
In diesem Bereich ist also eine unabgeschlossene Diskussion im Gange. Siehe auch: Adverb – Wikipedia.
Die vorliegende Übersicht orientiert sich bei der Darstellung des Adverbs im Großen und Ganzen am o. a. „Verzeichnis grundlegender Fachausdrücke“.

Dass die Wortart „Partikel“ heute eine große Rolle spielt, liegt nicht zuletzt daran, dass in den aktuellen Grammatiken das Mündliche im Gegensatz zu früher eine viel stärkere Beachtung gefunden hat, und gerade im Mündlichen treten Partikeln sehr häufig auf.
Wie man Partikeln unterteilt, darüber herrscht schon wieder keine Einigkeit – gemeinsam ist allen aktuellen Grammatiken nur, dass Partikeln unflektierte Wörter sind, die keine Satzgliedfunktion haben und die keine Adverbien, Konjunktionen oder Präpositionen sind.
Gerade im Verhältnis zu den modalen Adverbien gibt es jedoch Überschneidungen zwischen den beiden Wortarten.

Der Diskussionsgegenstand „nicht“: Für das Wort „nicht“ gibt es  viele, letztendlich immer nur teilweise überzeugende Zuordnungsvorschläge: „nicht“ als „Negationspartikel“, „nicht“  als „modales Adverb“, „nicht“ als „Negationswort“, siehe dazu Zweifelsfälle → Nicht.

Diskussionsüberblick – Satzglieder und Attribute:

Hier gibt es deutlich weniger Streitpunkte als bei den Wortarten.

Die aktuellen Grammatiken verneinen den Satzgliedcharakter des Prädikats. Da es sich allerdings im Satz verschieben lässt – wenn sich dabei auch die Satzart ändert, wird hier am Satzgliedstatus des Prädikats festgehalten.  
Gleichzeitig wird hier im Interesse der vollständigen Analyse normalsprachlicher Sätze stärker als in den wissenschaftlichen Grammatiken oder in den meisten Sprachbüchern zwischen finiten und unbestimmten Prädikatsteilen unterschieden.

Verschiedene  Auffassungen werden vertreten, beim „Prädikativ“, dem „Prädikatsnomen“, in Bezug auf die Frage nach dem Satzgliedcharakter. Einige sind der Ansicht, dass die Kopula („sein“, „werden“ usw.) zusammen mit dem Prädikatsnomen das Prädikat bildet, während andere von einem eigenständigen Satzglied „Prädikativ“ sprechen. Das „Verzeichnis grundlegender Fachausdrücke“ ordnet das „Prädikativ“ den Satzgliedern zu.

„Das Attribut ist kein eigenständiges →Satzglied, sondern Teil eines Satzglieds (ein Satzgliedteil). Es ist prototypisch auf den Kern einer →Wortgruppe (meist →Nominalgruppe) bezogen mit der Funktion, diesen näher zu beschreiben bzw. seinen Geltungsbereich einzugrenzen.“ – so das  „Verzeichnis grundlegender Fachausdrücke“.
Hier gibt es auf Seiten der Wissenschaft einerseits die Auffassung, dass nur „Nomen“ bzw. „Substantive“ mit einem Attribut versehen werden können, weil es sich dabei um „Prädikationen zum Substantiv“ handle: „Das rote Haus“ → „Das Haus ist rot“. Weil Pronomen und Artikel nicht als Prädikationen verwendet werden können („*Haus ist das“),  haben sie folglich keinen Attributscharakter.
Durch diese enge Attributsdefinition werden jedoch Erweiterungen von Adjektiven, Adverbien und Pronomen durch Adjektive, Adverbien und weitere Elemente unbestimmbar: „Das in der Vergangenheit rot gestrichene Haus …“   Hier bliebe als Attribut nur „gestrichen“ übrig.
Andererseits gibt es Stimmen, die auch Adverbien,  Adjektive und Pronomen als durch Attribute erweiterbare Satzteile auffassen und wenigstens dem Possessivpronomen auch Attributscharakter zusprechen.
Der Begriff „Attribut“ wird hier als „nähere Bestimmung“ von Adverbien,  Adjektiven, Pronomen und Substantiven aufgefasst, die in der Rolle eines Satzgliedes oder Attributs auftreten.

Als Orientierung für die vorliegenden Beschreibungen haben die Dudengrammatik, 9. Auflage 2016, und die Deutsche Grammatik: Ein Handbuch für den Ausländerunterricht von Helbig und Buscha, 2017, gedient.

Hans-Georg Haehnel

P.S. Wer sich für mittelhochdeutsche Verbformen interessiert und die Bestimmung mittelhochdeutscher Verben üben will, findet einiges unter mhd.sawogra.de

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