Grundwissen Grammatik

Kleine deutsche Schulgrammatik zum Nachschlagen und Lernen

Zweifelsfälle

Die Zuordnung von Wörtern zu eindeutigen Wortarten hat ihre Grenzen.
Besonders wenn man umgangssprachliche Formulierungen hinzunimmt, stellt man fest, dass Wörter entgegen ihrer eigentlichen Funktion gebraucht werden: Der Knopf war ab. *Das aufe Tor. Hiervon soll im Folgenden abgesehen werden.

Hier geht es um häufige Zweifelsfälle, bei denen nur durch eine Verwendung eines Wortes in einem vollständigen Satz bestimmt werden kann, um welche Wortart es sich gerade handelt.

Siehe auch: Wortartdetektiv


AUẞER - zwei Wortarten kommen in Frage:

Außer als Konjunktion:

Er wartet sicher, außer es regnet.
Außer wenn ich trödle, sollte ich gegen Mittag fertig sein.
Alles ärgerte sie, außer dass sie beim Schach gewonnen hatte.

Hierbei handelt es sich um eine Konjunktion, die einen Nebensatz einleitet (Subjunktion) .

Niemand außer er selbst kann uns Auskunft geben.

Hier gilt außer als beiordnende Konjunktion [weil ein Nominativ folgt].

 

Außer als Präposition:

Alle außer ihm hatten alle die Aufgaben erledigt.
Niemand außer den Kindern hätte Hilfe leisten können.

Hierbei handelt es sich um eine Präposition, die bei Nomen den Dativ nach sich zieht


BIS - drei Wortarten kommen in Frage:

Bis als Adverb:
Laut Duden gilt bis als Adverb in folgenden Fällen:

Bis [zu] 60 Grad kann man die Hose waschen.
Der Vorstand kann [
bis zu] 8 Mitglieder umfassen. (Duden)
Das Kind kann schon bis Hundert zählen.

 

Bis als Konjunktion:

Er wartete, bis das Taxi kam.
Bis ich die Aufgabe erledigt habe, wird es Abend sein.

Hierbei handelt es sich um eine Konjunktion, die einen Nebensatz einleitet (Subjunktion) .

Ein bis zwei Euro kostet der Artikel.
Ihre Blüten sind hellrot bis dunkelrot

Hier gilt bis als beiordnende Konjunktion.

 

Bis als Präposition:

Er wartete bis acht Uhr.
Bis morgen habe ich die Aufgabe erledigt.
Bis nächsten Dienstag habe ich die Aufgabe zu lösen.
Bis hier …
… von eins bis zehn … von Hamburg bis München … Er fuhr nur bis Berlin mit.

Hierbei handelt es sich um eine Präposition, die bei Nomen den Akkusativ nach sich zieht.


DOCH - vier Wortarten kommen in Frage:

Doch als Adverb - im Sinne von „Dennoch“:

Sie hatte gut geschlafen und war doch müde.

 

Doch als beiordnende Konjunktion, im Sinne von „Aber“:

Er wollte ausgehen, doch ich war zu müde
Sie wollte in den Urlaub fahren,
doch ihr kam etwas dazwischen.

 

Doch als Partikel:

Pass doch besser auf!
Das hast du
doch gewusst.
Er wird doch nicht krank sein.

 

Doch als Satzäquivalent:

Hast du dich denn nicht darüber informiert? Doch.


JE - vier Wortarten kommen in Frage:

JE als Adverb - im Sinne von „Jemals“, „jeweils“, „pro“:

Je 10 Eier …
Je fünf Zentimeter …
… ,was er je gedacht hatte.
1 Euro je Ei.

 

JE als (Satzteil)-Konjunktion+Komparativ:

… je schneller, umso besser.
Je schneller er fährt, desto früher sind wir da.

 

JE als Präposition mit Akkusativ - im Sinne von „pro“:

10 Euro je Stunde, je Autofahrt
Wenn Nominativ folgt, dann Adverb!

 

Je als Partikel oder als Interjektion:

Ach je! O je!


NICHT

Siehe auch: Allgemeines zur Negation

Die Wortartzuordnung von nicht ist umstritten.

Viele Grammatiken benutzen die Bezeichnungen "Negationspartikel" (Duden) oder "Negationswort".
Diese Bezeichnungen sprengen aber den Rahmen einer Schulgrammatik¹.

Einigkeit besteht darin, dass NICHT ein unflektierbares Wort ist.

Die Wortarten Konjunktion und Präposition scheiden a priori aus. Denn NICHT verbindet weder Sätze oder Satzteile noch zieht es einen Fall nach sich.

Es verbleiben die Wortarten Adverb und Partikel.

• Was für die Bezeichnung Partikel spricht:

  1. 1) Wenn man Partikeln weglässt, entsteht kein grammatisch falscher Satz: Er kam nicht nach Hause.
  2. 2) NICHT kann – angeblich - nicht in Spitzenstellung stehen. *Nicht kam er nach Hause. Allerdings verzeichnet die aktuelle Dudengrammatik auch Gegenbeispiele unter 1435.

• Was gegen die Bezeichnung Partikel spricht:

  1. 1) NICHT verändert den Wahrheitswert des Satzes im Gegensatz zu den sonstigen Partikeln.
  2. 2) NICHT ist semantisch – also vom Wortsinn her – notwendig im Gegensatz zu den sonstigen Partikeln: Er ist nicht gestorben.

• Was gegen die Bezeichnung Adverb spricht:

  1. 1) Bei attributivem Gebrauch - bei einer Sondernegation - wird NICHT dem Substantiv nicht nachgestellt: Nicht Äpfel, sondern Ananas schmecken wirklich süß.
  2. 2) Grundsätzlich ist die Frage zu stellen, ob ein attributiver Gebrauch - als nähere Bestimmung - bei NICHT nicht logisch ausgeschlossen ist: "Nicht grüne Äpfel" sind eben alles nur nicht grün, im Gegensatz zum Ausdruck "Sehr grüne Äpfel".

• Warum NICHT am ehesten ein Adverb ist - will man keine ganz neue Wortart einführen:

  1. 1) Als Synonym wird im Allgemeinen „keinesfalls“ angegeben, das man als Adverb verstehen kann.
  2. 2) NICHT passt auch in den Rahmen, in den viele Adverbien passen, die sonst gerne nur attributiv gebraucht werden, wie z. B. „sehr“.
    Ich freue mich …
      sehr /
      nicht /
      keinesfalls
  3. 3) Auf Grund seiner Verschiebbarkeit im Satz, kann man wohl doch von einem Satzgliedcharakter von NICHT (bei der Satznegation) sprechen:
    Ich freue mich nicht über das Buch.
    Schon gar
    nicht freute ich mich über das Buch.
    Ich freue mich über das Buch
    nicht.

Deshalb wird hier für NICHT die Bezeichnung Adverb benutzt, die auch manchmal in Grammatiken zu finden ist.
Als Unterkategorie bietet sich das Modaladverb an, wird doch „keinesfalls“ als Synonym angegeben, das man als modales Adverb verstehen kann.
Keinesfalls freue ich mich über das Buch.
Auf Grund dieser Ähnlichkeit wird man NICHT im Rahmen einer Satzgliedbestimmung auch als Modaladverbiale bezeichnen können.

Nicht von dieser Festlegung betroffen ist natürlich der attributive Gebrauch (bei der Sondernegation) von nicht:
Er | fand | dieses Bild | nicht schön.
Das Essen | schmeckte | nicht gut.
Nicht Feuerwehrleute | waren | gefragt |, sondern | Polizeikräfte.

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1) Als Partikeln werden heute im Duden und beim IDS die "kleinen" Wörter bezeichnet, die nicht zu Adverbien, Präpositionen und Konjunktionen gehören, aber unflektierbar und ohne syntaktische Funktion sind. Sie gelten damit auch nie als Satzglieder, sondern nur als Teile eines Satzgliedes.


OHNE

Ohne als Konjunktion, stets in Kombination mit zu oder dass

Ohne zu zögern, bremste er entschlossen.
Ohne gefragt worden zu sein, sagte er laut …
Ohne dass ich nachgedacht habe, meine ich …
Er beschimpfte sie,
ohne dass er einen Grund gehabt hätte.

 

Ohne als Präposition mit Akkusativ

Ohne mein Smartphone gehe ich nicht aus dem Haus.
Ohne Essen ging er zu Bett.


SEIN

Sein als unregelmäßiges Verb im Infinitiv, häufig bei Modalverben und bei der Zeitenbildung

Er behauptete, da gewesen zu sein.
Ich werde dort anwesend
sein.
Das kann / soll / muss / darf /
sein.
Das Fenster wird geöffnet [worden]
sein.

 

Sein als Possessivpronomen

Sein Fahrrad steht hier.
Er stellte uns
seine Kinder vor.


UM - vier Wortarten kommen in Frage:

Um als Adverb bei Mengenangaben im Sinne von etwa, ungefähr

Um die 20 Euro …
Sie kam mit
um die zwanzig Freunden. (Duden)

 

Um als Konjunktion bei Infinitiven mit "zu":

Um nichts suchen zu müssen, achtete er genau auf eine festgelegte Ordnung.
Sie beeilte sich, um bald nach Hause zu kommen.

Hinweis: Bei Infinitiven, die mit um eingeleitet werden, muss ein Komma stehen!

 

Um als Präposition mit folgendem Akkusativ:

Um sieben Uhr …
Um das Haus herum …
Der Mond kreist um die Erde.
Der Preis war um die Hälfte reduziert.
Er schlug wie ein Wilder um sich.

 

Um als Verbzusatz:

Er baute das Haus um. Das Haus war erst kürzlich umgebaut worden.
Er pflügte das Feld um. Er hatte das Feld umgepflügt.


WIE - drei bis vier Wortarten kommen in Frage:

Wie als Frage- bzw. Relativadverb:

Direkte und indirekte Frage:

Wie hast du das gemacht? Sie fragte, wie ich das gemacht habe.
Wie heißt du? Er fragte, wie ich heiße.
Wie alt bist du? Sie fragte, wie alt du bist.
Wie ist das Buch? Sie fragte, wie das Buch sei.
Wie sehr hast du dich geärgert? Sie fragte, wie sehr ich mich geärgert hätte.

Relativischer Gebrauch:
Die Art,
wie sie mich ansah, versprach großen Ärger.
Die Inflation stieg in dem Maße, wie die Energiepreise durch die Decke gingen.

 

Wie als beiordnende Konjunktion (echte Konjunktion):

Gutes wie Böses, Eltern wie Kinder, oben wie unten - ersetzbar durch einfaches "und"

 

Wie als Satzteilkonjunktion (Adjunktion) [bei Vergleichen]:

Ein Mann wie er ..., 
Er sah aus wie ein Bär. Er fühlte sich wie ein Kaninchen.
Schön wie eine Blume …, … so groß wie seine Freundin …, … so groß wie sie.
Wie erwartet kam der Zug kam verspätet an.
wie mit einem Hammer geschlagen …
Wie durch ein Wunder blieb sie unverletzt
(Beispiel beim Duden)
wie [zum Beispiel] ...

 

Wie als unterordnende Konjunktion (Subjunktion) beim Nebensatz:

Vergleichssätze (gelten meist als Modalsätze):
Wie wir gehofft hatten, kam der Zug pünktlich an. Vergleich: pünktlich wie erhofft
Das Vorstellungsgespräch verlief [so], wie ich es mir vorgestellt hatte.
Er bereitete den Nachtisch [so] zu, wie er es gelernt hatte.
Er sah aus, wie wenn er drei Tage getrunken hätte.
Alle, wie sie gekommen waren, wurden durch den Zauberer überrascht.

Temporalsätze - an Stelle von „als“:
Wie sie sahen, dass ein Wolf darin hauste, liefen sie davon, und der Mann holte eine Axt ...
Wie ich die Tür aufmache, sehe ich das Chaos.

Nach Verben der Wahrnehmung (Objektsätze) – an Stelle von „dass“:
Ich sah zu, wie die Wassermassen verschwanden. (Wem sah ich zu? - Dativobjekt)
Ich hörte, wie der Regen anschwoll.
(Wen oder was hörte ich? - Akkusativobjekt)
Ich sah, wie etwas den Berg hinunterrollte.
(Wen oder was sah ich? - Akkusativobjekt)

Zur Unterscheidung zum Relativadverb:
Bei den letzten drei Objektsätzen könnte man statt dem wie auch ein dass setzen:
Ich hörte,
dass der Regen anschwoll.
Ich sah,
dass etwas den Berg hinunterrollte.
Dem Vorgang,
dass die Wassermassen verschwanden, sah ich zu. - Basis: Dem Verschwinden der Wassermassen sah ich zu.

Bei den Relativsätzen oben könnte man statt dem wie auch "in welcher Weise", "auf welche Weise", häufig auch in der, in die, in das setzen:
Sie fragte,
auf welche Weise ich das gemacht habe.
Die Art,
in der sie mich ansah, versprach großen Ärger.
Die Inflation stieg in dem Maße, in dem die Energiepreise durch die Decke gingen.


ZU - vier bis fünf Wortarten kommen in Frage:

Zu als Adverb - laut Rechtschreibduden:

Zu groß, zu wenig, zu schnell, zu langsam … häufig in „zu viel
Auch als Adverb zu verstehen laut Duden:
… der Balkon geht nach dem Hof zu (hinaus)

 

Zu als Konjunktion bei Infinitiven und Partizip I:

Infinitivkonjunktion:

Nichts zu suchen …
Sie versprach, bald zu erscheinen.

Analog:

Die zu erledigende Aufgabe …

 

Zu als Gradpartikel - laut Grammatikduden:

Zu groß, zu wenig, zu schnell

 

Zu als Präposition mit folgendem Dativ:

Zu mir musst du den Ball werfen!
Sie ging zum Metzger.
Er war erst spät zu Hause.

 

Zu als Verbzusatz:

Er machte die Augen zu.
Er hat die Augen zugemacht.
Er hat in den Ferien zugenommen.


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